Wieder der Kongo – und wieder die Elektronikbranche

„Ist es so schlimm?“ „Schlimmer!“ Amnesty International hat heute eine neue Studie vorgelegt. Im Kongo arbeiten schon 7-jährige unter Lebensgefahr für unsere Handy, Elektroautos, und natürlich alle anderen Autos auch, Fernseher und Medizingeräte. Sie müssen ohne Schutz und ohne Rechte Cobalt schürfen. Was wir täglich nutzen, geht auf Kosten von Millionen Menschen irgendwo in Afrika. Viele bezahlen(!) mit ihrem Leben. Leben, das nur einen Sinn hatte: Die Wirtschaft bei uns bei Stange zu halten. Das Opfer unseres Alltags ist das Leben oder besser, der Tod der Anderen. Alle bekannten Namen sind dabei: Apple, Samsung, Sony, Microsoft, oder die Autofirmen VW, Daimler, Fiat Chrysler, Renault oder Tesla.

Bei allen Firmen ist es aufgelistet: keine bis wenig Bemühen, die Herkunft der wichtigen Rohstoffe zu prüfen. Immerhin scheint es erste Anzeichen zu geben, dass einige wenige Unternehmen sich in dieser Hinsicht zumindest bemühen zu wissen, woher das Cobalt kommt, das unerlässlich ist für die Herstellung der Batterien und Technik. Aber was wird dagegen getan? In der gründlichen Studie listet Amnesty alles penibel auf. Meistens heißt es: Keine Maßnahmen, unzureichende oder eben wenig Maßnahmen.

„Aber das wissen wir doch alles!“ Ja, vielleicht wissen es die Leute, die sich darum kümmern, von Beruf wegen oder wegen ihres speziellen Interesses. Leute, die über eine kirchliche Partnerschaft mit dem Kongo verbunden sind, könnten es zumindest erfahren. Etliche sind seit über 20 Jahren an diesem Thema dran. Es hat sich einiges getan, das ist die gute Nachricht. Mehr Interesse, mehr Sensibilität, mehr Handwerkzeug gibt es inzwischen. Aber die Folgen? Tendiert alles gegen Null.

Ich habe mir noch neulich ein Diensthandy besorgt– aus China. Das wird sich nun ändern. Wir werden in Zukunft nur noch Fairphones beschaffen. Das sind Handys, die wenigstens in den wichtigsten Teilen belegen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Sie sind teurer, halten dafür aber definitiv länger als andere und man kann sie reparieren.

Selbst das löst aber nur einen Teil des Problems. Wenn sich Kirchenkreise oder Landeskirchen vielleicht mit einem Elektroauto schmücken, müssen sie wissen, dass darin besonders viel von dem Stoff verbaut wird, für den Kinder im Kongo sterben. Es geht nicht nur um bessere CO2- Werte, sondern um die grundlegenden Menschenrechte. Wir können das eine nicht ohne das Andere haben. Mutig wäre es, wenn vor allem die Kirchen sich laut und deutlich einmischen würden, wenn es um diese Fragen unserer Zukunft geht. Nicht nur über Synodenbeschlüsse, sondern über mehr Druck auf alle die Unternehmen, mit denen sie ja auch immer gute Geschäfte machen. Sparen allein darf nicht das letzte Ziel sein, wenn es um Schritte zur Überwindung von Unrecht geht.

Ach so, wenn schon Elektroautos alles andere als fair produziert sind: Die CO2-Bilanz bleibt ebenso fragwürdig. Allein für den Verbrauch an CO2 in der Herstellung muss ein mittleres Elektroauto 100.000 Kilometer fahren, um dies zu kompensieren. Größere noch viel mehr. Oft braucht man dann schon bald wieder neue Batterien. Es ist also keine Lösung auf Dauer. Aber dauerhaft sollte wenigstens der Schutz von Menschenleben in der Rohstoffkette sein. Nicht nur bei Cobalt, sondern bei allen Materialien, die verwendet werden. Oder wie es bei Amnesty heißt: es muss eine „ethische Batterie“ geben, die die „Saubere Energie Revolution“ trägt.

Herne, 15.11.2017
Martin Domke