Archiv der Fürbitten

Eine tolle Aktion von Erzieherinnen - Masken zum Selberbasteln zurückgeschickt

Ich habe den HERRN allezeit vor Augen. Psalm 16,8

Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes. Lukas 9, 62

Das war ja mal ne Aktion so ganz nach meinem Geschmack. Unser stets fürsorglicher Familienminister hatte den KiTas Bausätze samt Anleitungen zur Herstellung von Mund-Nase-Masken geliefert, frei Haus. Und was machen die lieben Erzieherinnen der KiTas in Herne und Castrop-Rauxel? Schicken sie postwendend zurück an den Absender, mit einem Brief, dessen Inhalt vulgär mit den Worten übersetzt würde: Für so’n Sch… haben wir keine Verwendung hier und: Wir sehen darin eine Herabwürdigung unserer Arbeit als Erzieherinnen. „Wir sind keine Basteltanten“.

Ich bin gespannt auf die Reaktion des Ministers, der ja für seine Dünnhäutigkeit bekannt ist. Wahrscheinlich wird es keine geben. Oder ein bisschen Bla-bla von irgendeiner der Staatsekretär*innen. Aber die Denke, die dahintersteckt, ist eben genau die, die die Erzieherinnen brandmarken: So ein paar Kinder zu bespaßen, ist ja nicht wirklich Arbeit. Da sollen die lieben Kleinen, mit ministerieller Einfalt gedopt, das für ihr Umfeld Wichtige lernen: Masken bauen. Wer das Schreiben der Erzieherinnen liest, ahnt, was da zur Zeit los ist in den Einrichtungen.

Das Alles ist aber wohlgemerkt die Folge einer seit Jahren verkorksten und von den Kommunen zusätzlich noch befeuerten Schieflage eines Sektors, der in Corona-Zeiten auf einmal als systemrelevant entdeckt wurde. Nur: davon haben die, die dort arbeiten: nichts! Sie bekommen keine weiteren Stellen, die ganze Sache Kinderbetreuung soll weiter auf wirtschaftlich getrimmt werden, was dabei aus den Kindern, den Eltern und den Erzieherinnen wird – wen schert’s?! Hauptsache was zum Basteln!  Das ist die heimliche Aussage hinter der Aktion, sie mag im Anfang sogar gut gemeint gewesen sein, aber gut gemeint ist eben noch lange nicht gut gemacht.

Übrigens war gestern der 40 Jahrestag der Verabschiedung des Gleichstellungsgesetzes für Frauen und Männer am Arbeitsplatz. 1980 bitte sehr, das ist noch nicht so lange her! 1975 schrieb die Lufthansa noch einer Frau, die sich als Pilotin bewarb, dass man grundsätzlich keine Frauen anstelle. Für heutige Ohren und Augen unfassbar, aber so ist es eben mit der Wahrnehmung von Gleichheitsrechten. Wer immer noch meint, die Erzieherinnen hätten doch ein wenig übertrieben, der sollte sich auch die Frage stellen warum es so wenig Erzieher gibt. Wir sind noch lange nicht da, wo sich ein Gesellschaftsvertrag abzeichnen würde, der allen die Chance einräumt, das zu sein und zu werden, was sie am sinnvollsten erachten.

Das Wenige, was ich aus den KiTas kenne, zeichnet sich auf jeden Fall durch eine enorme Motivation aus, immer wieder Neues auszuprobieren und den Kindern gerecht zu werden. Dass dabei der öffentlich formulierte Erziehungsauftrag zuweilen mehr als überspannt und die Regularien schier unerträglich sind, ist die eine Seite. Die andere aber ist die, dass sehr viele, vor allem Frauen, sich an einer Stelle engagieren, deren Wert sich in der Corona- Krise geradezu geoffenbart hat. Diese Frauen fallen mir gerade als erstes ein, wenn es gilt, zu verstehen, was es mit dem Wort „Wer die Hand an de Pflug legt…“ auf sich hat.

Der Minister kann sich da eine Scheibe von abschneiden. Wir im Übrigen auch.

Danke, alle Ihr Erzieherinnen und Helfer in unseren Einrichtungen!

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