Gedanken zum Zeitgeschehen, von den Regenbogenfarben an der Münchener Arena bis zur Frage nach Armut vor den Wahlen.

Egal wie das heute Abend ausgeht, der Skandal im Vorfeld wird tief im Gedächtnis bleiben: Die UEFA verbietet der Stadt München die Beleuchtung ihrer Arena in Regenbogenfarben. Das ist ein weiterer Grund unter vielen anderen, dieser widerwärtigen und korrupten Fußball-Mafia und ihren Vasallen (und auch den Spielen!) den Rücken zu kehren. Sie lässt sich unwidersprochen vom ungarischen Diktator einschüchtern und wird irgendwann wieder was vom völkerverbindenden Fußball faseln. Selbst wenn die blasse EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen im Blick auf das Homophobie-Gesetz in Ungarn ungewöhnlich scharf von einer „Schande“ spricht, Folgen wird das für die dortige Unterdrückungsmaschinerie wohl wieder nicht haben. Ungarn voran und Polen in ähnlicher Weise können völlig ungestraft auf den liberalen Werten und demokratischen Rechten Europas herumtrampeln und die EU nach Belieben vorführen.

Dies ist nur ein Beispiel für den fortschreitenden Verfall von Werten und Programmen gerade bei denen, die diese Werte so gerne hochhalten in der Debatte. Heute hatte Angela Merkel ihre letzte Fragestunde im Bundestag. Bei allem Respekt vor ihrer Lebensleistung hat sie es aber eben nicht geschafft, Werte und Perspektiven für die Zukunft aller zu vermitteln geschweige denn durchzusetzen. Nicht in Deutschland, nicht in Europa, nicht in der Welt. Die letzten Jahre dürften als kollektives Versagen unserer Gesellschaft und eben auch der so genannten Volksparteien in die Annalen eingehen. Die großspurigen Ankündigungen haben bis heute keiner Widerhall in der Wirklichkeit gefunden. Beispiele gefällig?

Ein kleiner Kasten im Wirtschaftsteil heute ließ verlauten, dass allein in Deutschland im vergangenen Jahr die Zahl der Millionäre um 633.000 zugenommen hat! Aber die entsprechenden Parteien meinen immer noch, diesen Menschen nicht mehr Steuerlasten aufbürden zu können. Da lässt man lieber die Alternpfleger*innen, Busfahrer und Kassiererinnen bis 68 (oder gleich bis 70?) arbeiten, weil man ja sonst die Rente nicht bezahlen kann.

Die Gewinner der Pandemie an den Kosten der Pandemie beteiligen? Undenkbar, das wäre ja so ein Unrecht! Lieber lässt man Millionen Rentner*innen in die Altersarmut fallen, natürlich vor allem Frauen, weil Rente sich immer noch an der Arbeitsleistung bemisst. Was sind das eigentlich für Werte, die das sichtbar werden? Christliche gewiss nicht, soziale in keinem Fall.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Gerechtigkeit im Blick auf die zukünftigen Generationen für die Klimaschutz-Gesetzgebung verpflichtend gemacht. Das interessiert jedoch weder die Union noch die SPD, ein mickriger Beschluss mit einer Minimallösung von 8 Mrd. Euro ist gerade noch durchgegangen. Für ein paar Änderungen bei der Windkraft und Häuserdämmung. Die Folgen werden in Zukunft nicht nur die Jungen, sondern auch die Armen immer mehr zu spüren bekommen. Während sich die neuen Millionäre nach neuen Aktien suchend an ihren Pools räkeln und auf die anderen hinabblicken, die einfach zu faul sind, um genau wie sie zum Ziel zu gelangen. Und die Auswirkungen der Klimakrise trifft in jedem Fall die Armen am härtesten.

Oder: Impfschutz muss gerecht verteilt sein, weltweit, hieß es und heißt es aus aller Munde. Die Kanzlerin hat nichts dafür getan, der Außen- und Finanzminister ebenso wenig, dass das auch für die Länder des Südens wirklich zum Zuge kommt. Erst Europa und die USA, dann der Rest der Welt. Und der kann noch lange warten. Solidarität ist und bleibt eben etwas für die Sonntagsreden.

Sollen wir noch weitere Beispiele im Umgang mit den Geflüchteten und all denen, die ihre Heimat verlassen mussten anführen? Da geht es um elementare Menschenrechte. Oder bei dem elenden Streit um ein Lieferkettengesetz – auch da haben Christen und Sozis jämmerlich versagt, gemessen an dem., was möglich gewesen wäre.

Ich kann die Politikverdrossenheit mehr und mehr nachvollziehen, und das als gut situierter Mittelständler. Aber wie sieht es bei denen aus, die unmittelbar betroffen sind, weil die ihre Mieten nicht mehr bezahlen oder wegen Verlustes ihres Arbeitsplatzes ihre Ausgaben nicht mehr bedienen können? Viele werden die Zusammenhänge oft gar nicht begreifen, sondern lediglich feststellen müssen, dass sie immer mehr abgehängt werden, während uns allen immer noch das Bild von Millionär als Ziel aller Träume vorgegaukelt wird?

Auch die Kirchen haben in den vergangenen Jahren (bis auf die Mittelmeer-Aktion) nicht wirklich zu einer Schärfung des gesellschaftlichen Profils beigetragen, selbst die Diakonie und Caritas meinen sich gerne mit den klassischen Parteien gemein machen zu können, harten und deutlichen Widerspruch im Sinne einer evangelischen (christlichen) Ethik habe ich jedenfalls nicht vernommen. Hinter verschlossenen Türen nützt er ja auch nichts. Und das alles den Linken zu überlassen, ist auch naiv.

Der alte Satz von Martin Niemöller, den er im Zusammenhang mit einer neuen Friedensethik in die Debatte geworfen hat, ist heute aktueller denn je:

„Was würde Jesus dazu sagen?“